Ein virtueller Lesesaal für historische Bestände
Am 24. Oktober hat die Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) ihre Digitalen Sammlungen für die Nutzung im Internet freigegeben. Mehr als 1.500 digitalisierte historische Dokumente werden damit weltweit online zugänglich gemacht - darunter auch wertvolle Sammlungen, die nun jederzeit für die Forschung und für Interessierte bereitstehen. Der Bestand dieses virtuellen Lesesaals wird laufend erweitert.
Aufrufbar sind die Digitalisierten Sammlungen über die Website der ULB oder direkt über
Dass in den Magazinen ULB wertvolle historische Bestände bewahrt und archiviert werden, ist allgemein bekannt. Darin herumzublättern, war aber bislang nicht ohne weiteres möglich. Schwer oder gar nicht zu ersetzende Werke sind normalerweise nur unter Aufsicht von Fachleuten zugänglich – ein Zustand, der auch den benutzerorientiert denkenden Bibliothekaren ein Dorn im Auge ist. Nicht nur elektronische Zeitschriften und Volltexte sollen per Internet direkt an die Arbeitsplätze von Wissenschaftlern, Studenten und anderen Interessierten gebracht werden, sondern auch die alten Schätze in den Magazinen. Nicht wenige Wissenschaftler sind auf die Sichtung der alten Schriften angewiesen. Und anders als bei modernen Texten ist hier nicht nur der Inhalt von Bedeutung, sondern auch das gesamte Erscheinungsbild des Werkes. Die einzelnen Buchseiten werden daher so eingescannt, dass man sich am Bildschirm die Seite möglichst originalgetreu anschauen kann. So wird über das neue Angebot der Bibliothek auch das kulturelle Erbe Westfalens für alle Interessierten einfach und schnell erfahrbar. Ein Großteil der bereitgestellten Dokumente ist Regionalschrifttum, also alte Drucke, Handschriften, Autographen und Nachlässe aus und über Westfalen.
Die Experten der ULB haben in den letzten Jahren damit begonnen, wichtige alte Werke systematisch zu digitalisieren. Inzwischen ist die Tausendermarke längst überschritten. Mit dem neuen Portal sind die historischen Bestände so leicht zugänglich wie nie zuvor. Darüber freuen sich nicht nur die Nutzer, sondern auch die Buchexperten, die sich um die Erhaltung der historischen Bestände kümmern. Schont doch die virtuelle Nutzung über das Internet die alten Bücher und ist damit ein wirksamer Beitrag zur Bestandserhaltung. Besonders deutlich wird das bei den von Papierzerfall bedrohten Beständen. Das Papier aus dem 19. und 20. Jahrhundert weist einen so hohen Säuregehalt auf, dass es brüchig wird. Die Folge: Eine normale Nutzung dieser Bücher ist kaum mehr möglich. Mit einem digitalisierten Werk gibt es dagegen keine Probleme: Man kann sich durch die einzelnen Buchseiten bequem durchklicken, Details vergrößern und auch von Kapitel zu Kapitel springen – wie in einem virtuellen Lesesaal.
Für Forschende besonders interessant ist die Präsentation besonderer Werkschwerpunkte als geschlossenes Konvolut; darunter auch die Sammlung von August Freiherr von Haxthausen. Teile dieser breit angelegten Textkollektion stehen über die Digitalen Sammlungen zur Verfügung. Hier erhält man z. B. die Möglichkeit, durch einen Reisebericht über Paris aus dem Jahr 1855 zu stöbern oder aufwändige Illustrationen der Texte zu betrachten – so auch bei einer detaillierten Darstellung von Kleidungsvorschriften in russischen Kirchen aus dem Jahr 1773 (s. Abb.).
Das Portal der Digitalen Sammlungen wird laufend weiter wachsen. Außerdem sollen von den reichhaltigen Erfahrungen der Experten in der ULB auch andere profitieren. Digitalisierung bedeutet ja nicht einfach Einscannen. Vom Erschließen der Texte über die Formatwahl bis hin zum sicheren Verwalten und Archivieren der Dateien auf leistungsfähigen Servern gilt es eine Vielzahl an wichtigen Einzelheiten zu beachten. Für einzelne Fachbereiche und kleinere Bibliotheken ist dies eine große Herausforderung. Die ULB steht als Kompetenzzentrum für Fragen rund um Digitalisierung zur Verfügung.