Fliegender Brief
Dr. Janina Reibold, die seit vielen Jahren mit dem Hamann-Nachlass der ULB Münster auch vor Ort arbeitet, präsentiert die erste vollständige historisch-kritische Edition des Fragment gebliebenen großen Schreibprojektes des Johann Georg Hamann.
Mit dem »Fliegenden Brief« beabsichtigte Hamann zwischen 1785 und 1787 seine literarische Tätigkeit zu beschließen. Dem Anspruch nach wollte er sein gesamtes Schreiben und Denken öffentlich reflektieren und dabei insbesondere Darstellungsfragen diskutieren sowie seinen vielgescholtenen dunklen Stil und das von ihm entwickelte Verfahren der indirekten Mitteilung rechtfertigen. In einer dramatischen, 16 Monate währenden literarischen Berg- und Talfahrt scheiterte er schließlich daran, das anspielungsreiche, hochreflektierte und von radikalem Sprachdenken geprägte Werk zum Abschluss zu bringen, das mit den Worten endet: »usw. ich kann nicht mehr –«.
Hamann verbrachte die letzten beiden Jahre seines Lebens in Münster, wo er dem „Kreis von Münster“ angehörte und Kontakte zur Fürstin Amaila von Gallitzin und Anton Matthias Sprickmann hatte, deren Nachlässe ebenfalls in der ULB Münster archiviert sind. Hamann starb vor 230 Jahren am 21. Juni in Gegenwart der Fürstin und des Ministers Fürstenberg im Haus seines Mäzens Kaspar Bucholtz am Alten Fischmarkt. Sein Grab befindet sich heute auf dem ehemaligen Überwasserfriedhof.
Die historisch-kritische Edition bietet sämtliche Handschriften und Druckbogen zum »Fliegenden Brief« in chronologischer Folge, diplomatisch transkribiert und als Faksimile reproduziert. Eine ausführliche Einführung, ein umfangreicher Kommentar sowie zahlreiche Dokumente zur Entstehungsgeschichte erschließen das Werk.