Geschichte und Bestand
Bei den 732 Titeln der Bibliothek handelt es sich vorwiegend um theologische Literatur in lateinischer Sprache. Zu den Schätzen der Klosterbibliothek zählen zweifellos die beiden ältesten Bände: Um 1477, also noch zu Lebzeiten des Autors, verließ die Kölner Druckpresse eine Neuausgabe des Tractatus de fraterna correctione von Werner Rolevinck († 1502), der als Prior der Kölner Kartause und Geschichtsschreiber berühmt wurde. Der zweite Band ist eine Ausgabe des Werkes De temporibus sive de sex aetatibus huius saeculi liber (Paris 1507). Er gehört zu den grundlegenden Abhandlungen über die Zeitrechnung und stammt aus der Feder des englischen Kirchenlehrers Beda Venerabilis († um 727).
Die Bibliothek beherbergt eine Reihe bedeutsamer Schriften von Kirchenvätern und Kirchenlehrern. Neben zahlreichen Werken des Kirchenvaters Augustinus sind es die Opera (Paris 1570 und Antwerpen 1614) des Kirchenlehrers und Patriarchen von Konstantinopel, Johannes Chrysostomus († 407). Beachtenswert ist eine humanistische Neuausgabe der Opera (Paris 1533) des Papstes und Kirchenlehrers Gregor I. († 604).
Von dem breiten Spektrum der hier angesammelten exegetischen Literatur zeugen die Kommentare des niederländischen Theologen und Bischofs von Ypern, Cornelius Jansenius († 1638), eines vehementen Gegners sowohl der Jesuiten als auch der Calvinisten.
Die Kontroverstheologie ist durch ihre wichtigsten Vertreter repräsentiert. Zu nennen ist zunächst der Theologieprofessor und Vizekanzler der Universität in Ingolstadt Johannes Eck († 1543), der 1520 an der Bannandrohungsbulle gegen Luther mitwirkte. Die Bibliothek beherbergt sein wichtigstes Werk, das Enchiridion locorum communium (Köln 1532).
Erwähnenswert sind die kirchenhistorischen Werke, unter denen zwei Ausgaben (1614 und 1638) der Annales ecclesiastici von Caesar Baronius († 1607) herausragen. Mit diesem Werk schuf Kardinal Baronius ein apologetisches Gegenwerk zu der ersten "reformatorischen Kirchengeschichte" der Magdeburger Centurien von Matthias Flacius Illyricus.
Im Bereich der praktischen Theologie finden sich Werke einflussreicher Theologen wie die Predigten des deutschen Jesuiten Franz Hunolt († 1746), die Homilien des Bischofs von Genf und Kirchenlehrers Franz von Sales († 1622) oder die Erbauungsschrift De Imitatione Christi aus der Feder von Jean Gerson († 1429), der als Verfechter der Kirchenreform auf dem Konzil von Konstanz (1414-1418) in die Geschichte eingegangen ist.
Aus der in Gravenhorst angesammelten kirchenrechtlichen Literatur sticht das Corpus Iuris Canonici in einer Ausgabe von 1591 ins Auge. Unter diesem Begriff versteht man die seit dem 16. Jahrhundert gebrauchte Sammelbezeichnung für die vereinten kirchlichen Rechtssammlungen und Gesetzbücher aus dem Zeitraum von etwa 1140 bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts.
Text: Ursula Olschewski
Die Benutzung der Gravenhorster Bibliothek ist zu vereinbarten Zeiten vor Ort (Pfarramt) möglich. Die Bücher können aber auch in die Universitäts- und Landesbibliothek Münster gebracht und im dortigen Handschriftenlesesaal eingesehen werden. Hier können besonders stark gefragte Werke auch auf Microfilm übertragen oder digitalisert werden.