Cod 3 – Niesen-Missale
Eine sehr bedeutende Erwerbung aus dem Jahr 1998 stellt das sogenannte Niesen-Missale (Cod 3) dar. Das Messbuch, das im Jahre 1483 fertiggestellt wurde, stammt aus der St. Godehard-Kapelle des Schlosses Niesen (heute Stadt Willebadessen, Kreis Höxter) im Bistum Paderborn und ist ein kunsthistorisches und liturgiegeschichtliches Zeugnis von zentraler Bedeutung für die westfälische Kulturgeschichte, insbesondere für die Buchmalerei des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Der kalligraphische Schmuck und die Malereien verweisen die buchkünstlerische Arbeit entschieden nach Westfalen. Die Schrift – eine Textura – ist nicht leicht einzuordnen. Der Buchschmuck ist typisch für die Erzeugnisse der Devotio moderna. Bei der Lokalisierung der Handschrift ist das Augustiner-Chorherrenstift Böddeken in Erwägung zu ziehen. Vergleiche mit drei bisher ebenfalls noch nicht ausgiebig untersuchten Handschriften aus diesem Skriptorium bringen stilistisch sehr verwandt Einzelheiten zutage und machen deutlich, dass dieses Meßbuch durchaus in Böddeken entstanden sein kann. Die hohe Qualität aller Miniaturen, nicht nur des herausragenden Kanonblattes, kann diese Zuordnung noch unterstreichen.
Literatur:
Haller, Bertram: Buchkunst in westfälischen Klöstern – ein Überblick
In: Westfälisches Klosterbuch. Teil 3: Institutionen und Spiritualität
Münster, 2003. – S. 677–679 mit Abb. von fol 15 recto (Maria mit Kind in einem Blütenkelch, Ausschnitt) und 123 verso (Kanonblatt)
Kunst und Kultur im Weserraum 800–1600 : Katalogband
Münster, 1966. – S. 550–551