Theatersammlung Busch
Geschichte und Bestand
Die Universitäts- und Landesbibliothek Münster hat im Jahre 2002 die Theaterbibliothek Busch übernommen. Die Initiative für die Übernahme ging vom Lehrstuhl für Deutsche Philologie und der dortigen theaterwissenschaftlichen Forschungsstelle aus. Es handelt sich bei der Bibliothek Busch um eine Sammlung von Dramentexten heute weitgehend unbekannter Autor*innen aus dem ausgehenden 18., dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert. Außerdem enthält die Sammlung theoretische Schriften zum Theater, zeitgenössische Auseinandersetzungen um Inszenierungspolitik und Inszenierungspraxis. Des weiteren ist eine Anzahl von Theaterzeitschriften vorhanden, oftmals ganze Jahrgänge kurzlebiger Zeitschriften.
Die Bücher der Sammlung sind überaus selten, wie anhand von Stichproben festgestellt werden konnte: 71% der Dramentexte und 48% der theoretischen Schriften sind nicht noch einmal im nordrhein-westfälischen Verbundkatalog vorhanden. 31% der Dramentexte und 12% der theoretischen Schriften sind nicht noch einmal im nationalen Gesamtkatalog (Karlsruher Virtueller Katalog) vorhanden. Bei den Zeitschriften sind 38% nicht noch einmal in der ZDB nachgewiesen.
Der Schauspieler Richard Gustav Busch (* 1857 Berlin / † 1918 Münster) war seit 1892 am Lortzingtheater Münster engagiert. Seit 1877 bis zu seinem Tod hat Busch kontinuierlich Tagebücher geführt, die insbesondere Informationen zur Theatergeschichte enthalten. Darüber hinaus hat er eine umfangreiche Bibliothek angelegt. Im Jahre 1919 erwarb die Stadt Münster aus dem Nachlass die zu seinen Lebzeiten angelegte Sammlung von Dramen und Schriften zum Theater. Die Sammlung wurde 1930 an das Germanistische Institut der Universität Münster abgegeben und kam mit dessen Leiter Heinz Kindermann, der 1943 die Leitung des Zentralinstituts für Theaterwissenschaften an der Universität Wien übernahm, ebenfalls dorthin. Nach langen Verhandlungen wurde die Bibliothek 1968 an das Stadtarchiv Münster zurückgegeben. Dort war sie zunächst in einem Außenmagazin untergebracht. Auf Anregung der Forschung, die eindrückliche Empfehlungen hinsichtlich der besseren Zugänglichkeit aussprachen, gelangte die Sammlung per Vertrag im Jahre 2002 an die Universitäts- und Landesbibliothek Münster.
Nachdem die Sammlung der ULB Münster übergeben worden war, wurde sie im Sondermagazin der ULB nach der alten Systematik aufgestellt. Danach wurde eine Begutachtung des materiellen Zustands vorgenommen und erste Konservierungsmaßnahmen eingeleitet.
Die Theaterbibliothek Busch bleibt geschlossen aufgestellt, wird somit als kulturhistorisches Dokument erhalten und ist sachgerecht katalogisiert worden. Einzelne Segmente wurden verfilmt und digitalisiert.
zu den Digitalisaten in 'Kulturgut digital'
Im deutschsprachigen Bereich gibt es mehrere Theatersammlungen von überragender Bedeutung, vor allem in Berlin, Köln, München und Wien. Die Theatersammlung Busch ergänzt die bisher schon vorhandenen Bestände der ULB Münster und des Instituts für Deutsche Philologie zu einer ebenfalls bedeutenden Sammlung, im Bereich der deutschsprachigen Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts sogar zu der grössten in Deutschland. Hierzu kommt die vom Institut für Deutsche Philologie angelegte Mikrofilm-Sammlung von Theaterperiodika des 18. Jahrhunderts (noch nicht katalogisiert), durchweg Verfilmungen seltener und entlegen aufbewahrter Werke. Die Mikrofilm-Sammlung und die Theaterbibliothek Busch ergänzen sich auf vorzügliche Weise, so dass nach der Erschließung ein hochrangiges und umfangreiches Quellenreservoir zur Theatergeschichte für die Forschung bereitsteht.
Der Großteil der vorhandenen Bücher (etwa 80%) ist im 19. Jahrhundert erschienen, ca. 15% stammen aus dem 18. Jahrhundert, weitere 5% aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Bibliothek enthält neben Werken zur allgemeinen Theatergeschichte zahlreiche Schauspielerbiographien, Theaterzeitschriften, Theaterkalender, Theateralmanache und Theatertaschenbücher sowie Bücher zu Drama und Dramaturgie. Darüber hinaus enthält die Bibliothek einige von zeitgenössischen Editor*innen herausgegebene Dramensammlungen aus dem 18. Jahrhundert.
Hervorzuheben ist auch die Anzahl der Bände zur lokalen Theatergeschichte verschiedener Städte und Regionen. Des weiteren gehören wichtige ältere Darstellungen zur Schauspielkunst und -theorie zum Bestand, ebenso mehrere größere Theaterlexika. Schriften namhafter Autor*innen zur Theaterorganisation des 19. Jahrhunderts, zur Entwicklung des Regietheaters, zur Bühnenbeleuchtung, zum Bühnenrecht und zur Theaterkritik runden den Bestand ab. Einige der Monographien haben unmittelbaren Bezug zur westfälischen Theatergeschichte.
Im einzelnen handelt es sich um folgende Sachgruppen:
- Dramentexte heute weitgehend unbekannter Autor*innen aus dem ausgehenden 18., dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert. Es handelt sich um 390 Bände mit 980 bibliographischen Einheiten.
- Theoretische Schriften zum Theater, zeitgenössische Auseinandersetzungen um Inszenierungspolitik und Inszenierungspraxis. Es handelt sich um 580 Bände mit ca. 550 bibliographischen Einheiten.
- Theaterzeitschriften, oftmals ganze Jahrgänge kurzlebiger Zeitschriften. Es handelt sich um 390 Bände mit ca. 120 bis 150 bibliographischen Einheiten.
- Einige überformatige Mappen verschiedenen Inhaltes (z. B. Notizen, Zeitungsausschnittsammlungen ansonsten verlorenerer Zeitungen, Theaterzettel etc.). Es handelt sich um ca. 30 Bände.
Die Bestände wurden anhand der vorgegebenen Systematik aufgestellt und nach den Regeln für die Alphabetische Katalogisierung (RAK) formal erschlossen. Die Periodika (120 bis 150 bibliographische Einheiten) wurden über die Zeitschriftendatenbank erfasst und danach ebenfalls im Verbundkatalog Nordrhein-Westfalen nachgewiesen.
Das Material der Arbeitsstelle "Theaterperiodika" am Institut für Deutsche Philologie (insbesondere die dort angelegte Mikrofilmsammlung mit ca. 140 verfilmten Bänden Theaterperiodika) soll der ULB Münster übergeben werden und ebenfalls erschlossen werden.
Nach Absprache mit dem Institut für Deutsche Philologie der Universität Münster (Privatdozent Dr. Peter Heßelmann) wurden die seltenen und für die Forschung besonders relevanten Bücher digitalisiert. Diese Übertragung von Informationen auf andere Trägermaterialien erfolgt nach anerkannten Standards (Richtlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DIN-ISO Norm, Verfilmungs- und Vergaberichtlinien der ULB Münster einschließlich Qualitätskontrolle). Das Digitalisierungsprojekt hat zunächst eine analoge Langzeitarchivierung (Film) im Sinn, ergänzt um die digitale Komponente in der Benutzung ("preservation and access").