Bibliothek Fürstenberg-Stammheim
Die Bibliothek Fürstenberg-Stammheim wurde im Jahre 1988 von der Bibliothek erworben. Bis dahin hatte ihr diese Büchersammlung bereits über 80 Jahre als Dauerleihgabe zur Verfügung gestanden. Im Jahre 1904 hatte der damalige Besitzer Gisbert Egon Graf von Fürstenberg mit der Universität Münster einen Vertrag geschlossen und seine Bibliothek der Universitätsbibliothek Münster zur Verwaltung, Verwahrung und Benutzung unter Vorbehalt seines Eigentums zur Verfügung gestellt.
Die Fürstenberg'schen Bücher sind 1907 vollständig in den Bestand der Bibliothek eingegliedert und nicht separat aufgestellt worden. Das hatte zur Folge, dass sie bei den Vernichtungen im Zweiten Weltkrieg in gleichem Maße von der Zerstörung betroffen waren wie der eigentliche Bibliotheksbestand. Von den ursprünglich rund 22.000 Bänden sind heute etwa noch ein Viertel, rund 5.200 Bände, vorhanden. Hinzu kommen 86 Handschriften in 105 Bänden, meist aus dem 18. Jahrhundert.
Bei der endgültigen Übernahme dieses Restes wurden die Bände aus dem übrigen Bestand herausgezogen. Sie sind heute im Rara-Magazin separiert aufgestellt und können im Handschriften-Lesesaal nur noch unter Aufsicht benutzt werden.
Auch als Torso hat die Bibliothek Fürstenberg-Stammheim für die Universität Münster ihre Bedeutung. 1907 waren die Bücher nach Münster überstellt worden. Seitdem waren sie als integrierter Teil der Bibliothek angesehen worden. Alles, was durch sie verfügbar war, wurde in der Regel nicht noch einmal erworben, das heißt die Leihgabe fand bis in die Gegenwart hinein Berücksichtigung bei der Anschaffungspolitik. Schon aus diesem Grund musste die Bibliothek ihr Interesse anmelden, als ihr die Sammlung zum Kauf angeboten wurde. Nicht darauf einzugehen hätte einen empfindlichen Verlust in ihrem, ohnehin durch die Kriegsschäden stark verkleinerten, historischen Altbestand bedeutet.
Die Bibliothek besteht im Wesentlichen aus drei Teilen:
- Aus der privaten Büchersammlung des Gründers der ersten Universität in Münster, Franz von Fürstenberg (1729–1810). Ausgewiesen sind diese Bände durch das persönliche, sehr schlichte Exlibris: "Francois Baron de Fürstenberg",
- aus der privaten Büchersammlung seines jüngeren Bruders Franz Egon von Fürstenberg (1737–1825), des letzten Fürstbischofs von Hildesheim und Paderborn (kenntlich gemacht durch "Franz Egon 1803") und
- aus Büchern der Familienbibliothek Fürstenberg auf Burg Schnellenberg, die im Großen und Ganzen auf Christian Friedrich Theodor von Fürstenberg (1689–1755), den Vater der beiden genannten Fürstenberg, und auf Clemens Lothar (1725–1791), ihren älteren Bruder und Stammhalter der Familie, zurückgehen und durch ein Wappenexlibris "EX BIBLIOTHECA SNELLENBERGICA LL. BARONUM DE FÜRSTENBERG" gekennzeichnet sind.
Auf dem Erbweg gelangte diese Bibliothek dann an Theodor von Fürstenberg (1772–1828), einem nachgeborenen Sohn des Clemens Lothar, der Stammherr der Stammheimer Linie (Schloß Stammheim bei Köln-Mülheim) wurde. Sein Enkel Gisbert Egon (1836–1908) schloss den Leihvertrag mit der Universität Münster. Das Stammheimer Exlibris zeigt wiederum das Fürstenbergsche Familienwappen mit der Unterschrift "Gräflich zu Fürstenberg'sche Bibliothek zu Stammheim" und ist mit wenigen Ausnahmen in jedem Buch zu finden.
Neben einigen Handschriften, zwei Inkunabeln (Zainer-Bibel vor 1474) und einigen Drucken des 16. Jahrhunderts liegt der Schwerpunkt der Sammlung im 17. und 18. Jahrhundert. Man kann wohl sagen, dass sich die Zeit der europäischen, vor allem der deutschen Aufklärung und ihre geistigen Wurzeln in der Fürstenberg-Stammheim'schen Bibliothek widerspiegelt. Sie war keine Sammlung nur zur äußeren Repräsentation einer westfälischen Adelsfamilie, ist nicht aus literarischen oder bibliophilen Interessen entstanden, sondern vielmehr von ihren Eigentümern als Hilfsmittel für ihre tägliche Arbeit in Fragen der Wirtschaft, des Finanzwesens, der Bildungspolitik, überhaupt der "Wohlfahrt" der Bevölkerung (wie man sich damals ausdrückte) zusammengebracht worden, um daraus für ihre praktische Arbeit Nutzen zu ziehen.
Dies gilt besonders für die Teile der Bibliothek, die aus dem Besitz des Franz Freiherrn von Fürstenberg stammen. Fürstenberg und seine Reformpolitik für das Fürstbistum Münster nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763), sein Bemühen um die Stabilisierung der Wirtschaft und der Finanzen, um die Reform des Schulwesen und der Lehrerausbildung sowie um die Gründung der ersten Universität in Münster haben auch ihre Spuren in der Zusammensetzung dieser Bibliothek hinterlassen (sein bischöflicher Bruder Franz Egon hat die erfolgreiche Bildungspolitik seines Bruders für sein Bistum Hildesheim übernommen).
Mit ihrem großen Bestand an philosophischen und pädagogischen Werken spiegelt die Bibliothek auch das geistige Leben in Münster im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts und am Beginn des 19. Jahrhunderts wider und lässt gleichzeitig den Einfluss erkennen, mit dem der "Kreis von Münster" um Fürstenberg, die Fürstin Amalia von Gallitzin, Bernhard Overberg und Anton Matthias Sprickmann mit seinen vielfältigen Verbindungen zum geistigen Deutschland der Zeit eben diese geistige Situation der Zeit in Münster mitgestaltet hat.