Zum Teilnachlass
Die Überlieferungsgeschichte des Nachlasses Carl von Clausewitz ist bis heute nicht vollständig geklärt.
Nach dem Tod ihres Gatten verwaltete seine Witwe Marie von Clausewitz (1779–1836) den Nachlass, der nach ihrem Tod zuerst in die Hände ihres Bruders Friedrich Wilhelm „Fritz“ von Brühl (1791–1859) gelangte und später an dessen Witwe Hedwig von Brühl (1805–1890) ging. Während dieser Zeit muss der Nachlass aufgeteilt worden sein; ein wesentlicher, militärischer Teil des schriftlichen Nachlasses ging an die Familie Clausewitz, Dokumente von eher privatem Charakter verblieben bei den Nachfahren der Familie Brühl, so z. B. die Privatkorrespondenz zwischen Carl und Marie von Clausewitz (heute im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz).
Der Teilnachlass Clausewitz, welcher sich seit 1955 in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster befindet, wurde vermutlich folgendermaßen überliefert:
Wilhelm von Clausewitz (1801–1884) war der letzte Erbe, der als Neffe den Nachlasser noch persönlich gekannt haben muss. Als Wilhelm kinderlos verstarb, ging der Nachlass an den Generalmajor Karl Wilhelm von Clausewitz (1836–1895), später an dessen Witwe Marie von Clausewitz (1855–1916) und an seine Kinder.
Wahrscheinlich war es Karl Wilhelms Sohn Wilko von Clausewitz (1875–1940), der in den 1930er Jahren den schriftlichen Nachlass seines berühmten Verwandten als Depositum an das Institut für Politische Pädagogik in Berlin unter der Leitung von Alfred Baeumler übergab.
Baeumler arbeitete nicht am Nachlass, dafür aber sein Kollege Walther Malmsten Schering (1883–1954), der sich mit Clausewitz‘ Kriegsphilosophie habilitierte und Clausewitz publizierte. Schering zitierte aus seinen Dokumenten, vermied aber in der Regel genauere Standortangaben zum Nachlass. Dass er bei seinen Zitaten aus den Nachlassdokumenten kein Signatursystem nutzte, lässt darauf schließen, dass die Clausewitziana durch ihn wohl nicht inventarisiert wurden.
Laut eigener Aussage evakuierte Schering persönlich den wertvollen schriftlichen Nachlass gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus Berlin nach Weida in Thüringen, was zumindest vom Volumen her nicht problematisch gewesen sein dürfte; alle Dokumente hätte man in einem einzigen Reisekoffer transportieren können. Spätere Gerüchte, der Nachlass sei bei der Evakuierung russischen Truppen in die Hände gefallen, konnten nicht belegt werden.
Schering übersiedelte nach Marburg und wurde 1948 emeritiert. Nach seinem Tod übergab Scherings Witwe wenige Werkmanuskripte des Carl von Clausewitz an die Westdeutsche Bibliothek in Marburg, die spätere Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz.
Im Sommer 1955 wurde ein Großkontingent von Clausewitz-Manuskripten auf Betreiben von Werner Hahlweg (1912–1989) an die Universität Münster verkauft. Der Anbieter Horst Pfeiffer aus Erlangen erklärte, die wertvollen Stücke in seiner Villa gefunden zu haben.
Bereits vor dem Verkauf an die Universität befand sich der Nachlass in Hahlwegs Händen im Historischen Seminar und wurde von ihm in Vorbereitung auf eine geplante Werkedition bearbeitet.
Die Universität wies den Nachlass der damaligen Universitätsbibliothek zur sachgemäßen Aufbewahrung zu. Und obwohl Werner Hahlweg bereits Anfang August 1955 schriftlich erklärt hatte, den Nachlass weisungsgemäß an die Universitätsbibliothek abgegeben zu haben, konnte diese sich erst Mitte Oktober 1955 beim Universitätskurator für die Nachlassüberstellung bedanken und die Richtigkeit des Nachlassinventars bestätigen. Später musste die Universitätsbibliothek den Nachlasserwerb mehrfach gegenüber anderen Institutionen rechtfertigen. Werner Hahlweg hat versucht, den Kauf möglichst geheim zu halten, Universität und Universitätsbibliothek sahen allerdings keinen Anlass dazu.
Weitere Dokumente aus dem schriftlichen Clausewitz-Nachlass, wie er Walther Malmsten Schering in Berlin noch vorgelegen haben muss, wurden von Werner Hahlweg bei späteren Auktionen privat erworben. Hahlweg hat Zeit seines Lebens nur diffuse Angaben zur Nachlassprovenienz gemacht.
Der 1955 von der Universitäts- und Landesbibliothek Münster erworbene Teilnachlass Clausewitz umfasst in 5 Kapseln folgende Dokumente:
- Werkmanuskripte
- Korrespondenz
- Autografen von Marie von Clausewitz
Der Nachlass ist in HANS erschlossen und vollständig digitalisiert.