Chronik der WWU, Amtsblatt und Universitätszeitung
Drei neue Digitalisate, die die Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) jetzt zur Verfügung gestellt hat, geben Einblicke nicht nur in die Geschichte der Universität Münster, sondern auch in Zeitgeist und Gesellschaft:
- Chronik der Königlichen Akademie zu Münster 1887-1902, fortgesetzt durch
Chronik der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster 1903-1936, - Münstersche Universitäts-Zeitung 1907-1914
- Amstblatt der WWU 1938 bis 1944
Für das Jahr 1886 wird in der Chronik eine Studentenzahl – Frauen waren damals noch nicht zugelassen – von 443 angegeben, etwas andere Dimensionen als heutzutage. Im Mathematischen Seminar wurden beispielsweise im ersten Semester vier, im zweiten Semester fünf Studierende unterrichtet. Das physikalische Institut freute sich über die Anschaffung einer elektrodynamischen Maschine und eines Gasometers, die Bibliothek verlieh insgesamt 18.268 Bände. 1902 ist die „akademische Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs Wilhelms II.“ noch eher eine Erwähnung wert als die Bemühungen um die Gründung einer juristischen Fakultät, die 1902 in der Neugründung der Universität, die 1818 zur Akademie herabgestuft worden war, gipfelte.
Wer wissen will, wie sich das Studentenleben später entwickelte, wie das Programm des Stadttheaters aussah und welche Themen damals bewegten, kann am Bildschirm in der „Münsterischen Universitäts-Zeitung“ blättern. Als 1908 das Frauenstudium eingeführt wurde, reagierten die männlichen Kommilitonen in zahlreichen Leserbriefen. Auftreten, Kleidung und Betragen der ersten Studentinnen wurden in Leserbriefen breit kommentiert, das teilweise rüpelhafte Verhalten der Studenten allerdings auch. Nach einiger Zeit ebbten die Zuschriften, von denen im Übrigen nur eine von einer Frau kam, ab und hörten Ende 1912 ganz auf. Man(n) hatte sich offensichtlich ein wenig an studierende Frauen gewöhnt. Aber auch die Frage, ob Biergenuss vor Cholera schütze, wurde diskutiert.
Aus heutiger Sicht beklemmend wirkt das Amtsblatt der WWU, das 1938 erstmals erschien. Regelungen zur „Förderung der wissenschaftlichen Arbeit der an hervorragender Stelle in der Stundenschafts- oder Studentenbundsarbeit stehenden Studenten“ sind ebenso zu finden wie die zur Ableistung von Wehrdienst – Vorbereitung auf den ein Jahr später beginnenden Zweiten Weltkrieg. Dessen nahes Ende las sich 1944 dann so: „Zum Gedenken für die auf dem Felde der Ehre gefallenen Studenten der Universität. Im Kampf für Deutschlands Größe und Freiheit starben den Heldentod …“ Und als habe es nichts wichtigeres gegeben, wurde der Erlass des Reichserziehungsministers gegen Abkürzungen und die „Reinerhaltung unseres kostbaren kulturellen Gutes, unserer Muttersprache, einzusetzen“ in voller Länge abgedruckt. Die zunehmende nicht beantragte Abwesenheit der Hochschullehrer vom Hochschulort nahm der Kurator zum Anlass, auf Paragraf 13 der Universitätssatzung hinzuweisen, wonach bei einer Abwesenheit von mehr als drei Tagen ein Urlaubsantrag einzureichen sei.
Die ULB bietet Zugang zu digitalisierten Büchern und Zeitschriften aus ihrem historischen Bestand sowie zu älterer Literatur und wertvollen Sammlungen aus der Region Westfalen. Das Angebot an Einzelwerken sowie Sammlungen wird laufend erweitert. Zu finden sind derzeit über 8300 Digitalisate, darunter die politischen Karikaturen von Rudolf Schöpper, die Theatersammlung Busch, die Barockbibliothek des Hermann Jodukus Nünning sowie die Bibliothek August von Haxthausen mit zahlreichen Reisebeschreibungen.