014 PREUSSEN/GROSSER GENERALSTAB:
Der deutsch-französische Krieg 1870 - 71 / red. von der Kriegsgeschichtlichen Abtheilung des Großen Generalstabes. – Berlin : Mittler
Erschienen: Theil 1 - 2 in 5 Bd.
4 : Theil 2. Geschichte des Krieges gegen die Republik ; Bd. 2. Die Ereignisse im Norden Frankreichs von Ende November, im Nordwesten von Anfang Dezember und die Belagerung von Paris von Anfang Dezember bis zum Waffenstillstande, die Operationen im Südosten von Mitte November bis Mitte Januar, 1880. – S. 580 – 1178, 283 – 616 : Kt.
Beil.: Kt.-Beil. – Erschienen von 1878 – 1880. – Kt.-Beil. enth. Pl. 26 – 30, 31a, 31b, 32 – 36 und Übersichtskt. 8
Signatur: 2870-4


In drei verlustreichen Einigungskriegen – 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich – hat Bismarck die Gründung des deutschen Kaiserreiches als »kleindeutsche« Lösung (1) der deutschen Frage mit »Eisen und Blut« erzwungen. Die fünfbändige Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges von 1870 / 71 wurde zwischen 1874 und 1881 vom preußischen »Großen Generalstab« veröffentlicht, dem 1817 für die militärstrategische Planung gegründeten »Gehirn« der preußischen Armee.
Die Geschichte des Generalstabs ist aber viel älter. Schon zur Zeit der Landsknechtheere hatte man militärisches Personal, das keiner Kompanie angehörte, sondern unmittelbar dem Regiment als der nächsthöheren Führungsebene unterstellt war, zu einem Stab zusammengefaßt. Der Begriff »Stab« leitet sich dabei von dem realen Stock oder Stab her, den der Oberst als Chef des Regiments als Abzeichen seiner militärischen Kommandogewalt und Gerichtshoheit trug.(2)


Der Stab als uraltes Symbol der Amtsgewalt lebt noch heute als Zepter in den monarchischen Insignien fort. Bereits in den römischen Legionen war das Rangabzeichen der Centurionen (etwa vergleichbar mit den Hauptleuten der modernen Armeen) neben dem quergestellten Helmschmuck die »vitis« (d.h. ein Rebstock) gewesen. Auch die römischen Magistrate trugen Amtsstäbe. An den Stab als Symbol richterlicher Gewalt erinnert noch heute die Redewendung »den Stab über jemanden brechen«, da früher der Richter beim Verlesen des Todesurteils einen Stab über dem Delinquenten zerbrach.
Analog zum Führungsstab um den Regimentschef bildete auf der nächsten Rangebene der kommandierende General zusammen mit seinem Unterstützungspersonal (= »Stabsoffizieren«) den »Generalstab«. In Brandenburg-Preußen entwickelten sich schließlich seit dem 17. Jahrhundert zwei Formen des Generalstabs: der »Truppengeneralstab« als Beratergremium der Befehlshaber auf Divisions- und Korpsebene und der zentrale »Große Generalstab« in Berlin als Führungs- und Planungsorgan des Königs. Die Anwärter für den Dienst im »Generalstab« erhielten eine spezielle Ausbildung an der 1810 gegründeten preußischen Kriegsakademie. (3) Zu den Aufgaben des Großen Generalstabs gehörten im Frieden u. a. auch die Bereiche Kriegsgeschichte und militärische Kartographie. So erklärt sich der Auftrag zur vorliegenden Dokumentation des Kriegsverlaufs des Feldzugs von 1870 / 71. Der 4. Band schildert die Ereignisse nach dem Sturz Napoleon III.. Vorangegangen war bereits die eigentliche Entscheidungsschlacht des Krieges, der Sieg der vereinigten deutschen Truppen bei Sedan am 2. September 1870. Als sog. »Sedanstag« bildete die Feier zur Erinnerung an die Schlacht und die anschließende Kapitulation der französischen Armee künftig ein zentrales Moment in der nationalen Festkultur des am 18. Januar 1871 in Versailles – also noch in »Feindesland« – proklamierten preußisch-deutschen Kaiserreiches. Ursprünglich von Pastor Friedrich von Bodelschwingh, dem Gründer der Bethelschen Anstalten, als patriotisches Volks- und Kirchenfest initiiert, wandelte sich der Sedanstag unter Wilhelm II. in eine reine Militärfeier, die unter Beteiligung von Kriegervereinen mit großen Paraden und Manövern begangen wurde. Entsprechend kritisch standen der politische Katholizismus und die Sozialdemokratie den Sedansfeiern gegenüber. Folgerichtig verlor der monarchisch-militärisch geprägte Nationalfeiertag des Kaiserreiches mit der Abdankung Wilhelms II. und der Ausrufung der Republik 1918 seine Existenzberechtigung.
V.D.

(1) Preußisch dominiert, unter Ausgrenzung Österreichs.
(2) Im preußisch-deutschen Militär führte der Generalfeldmarschall als höchster Befehlhaber noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges einen Marschallstab mit sich.
(3) Bei Gründung der Bundeswehr wurde ein (Großer) Generalstab als oberste Führungszentrale nicht wieder eingeführt. Dagegen existiert der Truppengeneralstab mit einer entsprechenden Ausbildung, speziellen Uniformabzeichen und der Verwendungsbezeichnung »i.G.« (d.h. »im Generalstabsdienst«) bis heute fort.