Rudolf Schöppers fußballweltmeisterschaftliche Karikaturen
Deutschland kehrt nach wochenlangem Hoffen und Bangen als schwer übernächtigter, freudetaumelnder Fußballweltmeister langsam zur Normalität zurück. Anlässlich dieses Erfolges möchten wir an vergangene Weltmeisterschaften und andere fußballerische Großereignisse erinnern, zu denen sich der Karikaturist Rudolf Schöpper seinerzeit so seine Gedanken machte, um diese dann mit spitzer Feder zu Papier zu bringen.
Rudolf Schöpper hat von 1970 bis 1991 in den Westfälischen Nachrichten fast täglich eine Karikatur zu den (meist politischen) Tagesereignissen veröffentlicht. Wir haben bereits darüber berichtet, dass die Universitäts- und Landesbibliothek seinen Nachlass erschließt und die Karikaturen zur Benutzung digitalisiert. In HANS sind bereits über 4.000 der Karikaturen katalogisiert und beschlagwortet, über 1500 sind digitalisiert und virtuell in unseren Digitalen Sammlungen zu bewundern.
Schöppers Karikaturen illustrieren anschaulich, wie wenig sich eigentlich über die vergangenen Fußball-Jahrzehnte verändert hat.
So waren die letzten Wochen nicht nur für unser Team in Brasilien eine große Strapaze, auch wir Fernsehzuschauer sind nach vier aufregenden Wochen komplett übermüdet und erledigt. Nichts Neues, kennen wir von früher, wie diese Karikatur aus der Zeit der WM in Spanien 1982 zeigt:
Wochenlang spukte uns nichts anderes im Kopf herum als Jogi, Schweini, Abseits und Elfmeter. An den Arbeitsplätzen hatte der meistens ja auch fußballinfizierte Chef seine liebe Mühe, die Mitarbeiter zu motivieren (und in den Hörsälen der Uni war es sicher nicht anders). Das hat Rudolf Schöpper bereits während der WM 1986 (Mexiko) thematisiert:
Ein fantastisches Zeitdokument sind hier Telefone, Schreibmaschinen, Karteikästen und Aktenordner, heute sähe das Büroequipment wohl etwas anders aus…
Dass jede Mannschaft auf den Fußballplätzen zu allen Zeiten mit Spezialtricks arbeitet, war Schöpper damals bereits aufgefallen. Das Viertelfinalspiel gegen Mexiko 1986 gewann Deutschland mit 4:1 im Elfmeterschießen:
Spezialtricks karikierte er dann auch zur WM 1990 (Italien) in Form von „Zaubertränken“ und anderen Delikatessen:
Die Bea-Tricks nutzte(n) nix. Das Achtelfinalspiel gegen die Niederlande ging 2:1 für Deutschland aus.
Die deutsche Mannschaft hat Rudolf Schöpper in seinen Karikaturen natürlich mit besonderer Sympathie gesehen. Er war doch meistens voller Hoffnung, dass das nächste Spiel zwar immer das Schwerste war, aber Waldi, der deutsche Dackel (als Verkörperung der deutschen Elf, nicht elegant aber hartnäckig), es schon packen würde:
1986 hatte Waldi bereits das mexikanische Huhn und den gallischen Hahn niedergemacht und gerupft, als es zum Endspiel gegen den argentinischen Geier kam. Wie bekannt, verloren die deutschen Dackel jedoch mit 3:2 gegen die Argentinier.
Die Revanche glückte dann bei der nächsten Weltmeisterschaft 1990 (Italien), als es im Endspiel Deutschland gegen Argentinien „um die Wurst“ ging. Deutschland gewann durch ein Elfmetertor von Andreas Brehme mit 1:0 und wurde damit zum dritten Mal Weltmeister:
Dackel Waldi (Deutschlands Elf) tritt gegen den Geier (Argentiniens Elf) an, als Schiedsrichter fungiert der berühmte kleine Rabe (links unten), der in nahezu allen Karikaturen des „Rabenvaters“ Schöpper erscheint und zu seinem Erkennungszeichen geworden ist.
Als politischer Karikaturist nahm Schöpper auch gerne zeitpolitische Bezüge in seine Fußball-Zeichnungen mit auf. Kurz vor der Weltmeisterschaft 1990 war die Mauer gefallen. Die DDR war im Begriff, sich mit der Bundesrepublik zu vereinen und die D-Mark zu übernehmen, daher ließ Schöpper alle damals wichtigen deutschen Politiker gemeinsam das Halbfinalspiel im Fernsehen ansehen. Public viewing 1990:
Da sitzen Hans-Jochen Vogel (links abseits mit einem Tässchen Tee), der weinselige Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher (mit dezenter Biertulpe) und Franz Josef Strauß (rechts außen mit ordentlicher Maß Bier und Nachschub zu seine Füßen) auf einem großen D-Mark-Kissen und haben den letzten Ministerpräsidenten der DDR, den abstinenten Lothar de Maizière, in ihre Mitte genommen.
Zum Glück hat die deutsche Nationalmannschaft am Sonntag den Weltpokal gewonnen und damit den vierten Trikot-Stern geholt. Man mag sich gar nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn Deutschland verloren hätte (schon wieder gegen die Geier aus Argentinien!). 1986 hat Schöpper aber deutlich gemacht, wie es damals ausgesehen hat – Vizeweltmeister ist eben Mist!
Heute würde man natürlich nicht mehr mit „Denver“ und „Dallas“ im Fernsehen leben müssen, eher mit „Bauer sucht Frau“ und „Germany’s next Topmodel“ und modernen Flachbildschirmen. Den kleinen Raben (unten rechts) hat’s damals einfach umgehauen…
Der fußballbegeisterte „Männekesmaler“ Rudolf Schöpper ist 2009 verstorben, zur aktuellen Weltmeisterschaft haben andere Karikaturisten ihre Männekes gemalt. Allerdings hat Schöpper in seinen Karikaturen (auch zu vielen anderen fußballerischen Themen wie Bundesligabestechungsskandal, überzogene Spielergehälter, jährlicher Start der Bundesliga, Welt- und Europameisterschaften) einiges vorweggenommen, was heute im Fußball wieder (oder immer noch) aktuell ist. Es macht Spaß, ein wenig im Nachlass Schöpper zu stöbern!