Propaganda trifft Grabenkrieg: Plakatkunst um 1915
Man hat den Ersten Weltkrieg als ersten Medienkrieg bezeichnet. Dies gilt in mehrfacher Hinsicht: Im Hinblick auf die Kriegsphotographie, den Einsatz von Plakaten und Flugblättern sowie durch erstmals produzierte Kriegsfilme.
Das „Ereignis 1914 / 1918“, „Die Regression ganz Europas“ (Fritz Stern), „Der große Destabilisator“ (Jürgen Osterhammel), „Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George Frost Kennan) oder „Der große Krieg“ (Herfried Münkler) wurden in Deutschland jedoch vom Gedenken an den Zweiten Weltkrieg überlagert.
Zum Sammlungsgut der ULB Münster gehören neben mittelalterlichen und neuzeitlichen Handschriften, gedruckten Werke von der Inkunabelzeit bis heute auch audiovisuelles Material, Musikalien, Karten sowie Nachlässe und Sammlungen. Einen weiteren bedeutenden Fundus stellt die „Sammlung Kriegsberichte“ dar.
Die wichtigste Sammlung der ULB Münster zum Ersten Weltkrieg, die „Sammlung Weltkrieg“ stellt jedoch nicht ein Ergebnis institutionellen, sondern rein privaten Sammelns dar und wurde schon im Jahre 1953 von der Universitätsbibliothek Münster erworben, sicherlich auch, um einige der schmerzlichen Lücken zu schließen, die durch die Verluste (über 60% des Bestandes) im Zweiten Weltkrieg entstanden waren. Es handelt sich um die „Sammlung Krieg und Kunst 1914 – 1918“ des leidenschaftlichen Kunstsammlers Hanns Heeren. Sie enthält schwerpunktmäßig Materialien zum Ersten Weltkrieg, zusätzlich finden sich aber auch Dokumente aus der unmittelbaren Nachkriegszeit (Friedensvertrag von Versailles 1919), zu den Abstimmungen in Oberschlesien, zu den Freikorpskämpfen im Baltikum, den Reichstagswahlen von 1924 (Wahlplakate), außerdem wenige Materialien zum Zweiten Weltkrieg.
Die meisten der fast 5.000 Dokumente umfassenden Sammlung sind deutschen und österreichischen (teils auch ungarischen) Ursprungs, aber es existiert auch eine dichte Überlieferung mit französischer sowie (geringer an Umfang) englischer sowie US-Amerikanischer Provenienz. Neben Büchern, Zeitschriften und Zeitungen (Kriegszeitungen, Zeitungen von Armee-Einheiten, Lagerzeitungen) wurden Plakate und Flugblätter mit Durchhalteparolen, Aufrufe zur Zeichnung von Kriegsanleihen oder Spenden sowie Rekrutierungsaufrufe gesammelt. Einen erstaunlich großen Anteil nehmen künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Kriegsgeschehen ein, oftmals in umfangreichen Folgen oder Serien. An Künstlern sind unter anderem Andre Devambez, Fritz Gärtner, Georges Victor Hugo Louise Ibels, Lucien Jonas, Fernand Truffaut oder Theophil Steinlen zu nennen.
Während der Ausstellungsdauer „Propaganda trifft Grabenkrieg – Plakatkunst um 1915“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur (11.09.2015 - 10.01.2016) wurde jede Woche ein Plakat der Öffentlichkeit in digitaler Form zugänglich gemacht.
Der Katalog zur Ausstellung ist im Wienand Verlag erschienen.