Ein Kollegium ohne Kirche sei ihm lieber als ein Kollegium ohne eigene Bibliothek, befand der erste Provinzial Deutschlands, Petrus Canisius. Folgerichtig wuchs die Studien- und Schulbibliothek des Gymnasiums Paulinums, dessen Leitung die Jesuiten übernommen hatten, rasch. Bis zu 10.000 Bände zählte sie. Trotz Bombenverlusten sind davon heute noch gut 1.000 Bücher eindeutig zu identifizieren.
Abriss zur Geschichte der ULB
Würde ein Jesuit jener Zeit die heutige ULB besuchen, würde er sich gewaltig die Augen reiben: Nichtadlige Frauen, die lesen! Bücher, die ohne Kontrolle verliehen werden! Der Abruf von Informationen weltweit mit einem Mausklick! Denn vor 425 Jahren war der Zugang zu Bibliotheken jedoch eingeschränkt. Zwar finden sich dort durchaus auch Werke, die auf dem "Index librorum prohibitorum", also des Index der verbotenen Bücher, stehen. Gebraucht werden durften sie allerdings nur zum notwendigen Studium gegnerischer Ansichten.
Mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 und der Eröffnung der Universität 1780 wurde die ehemalige Jesuitenbibliothek erst gemeinsam mit dem Gymnasium Paulinum genutzt, die Bestände später aufgeteilt. 1943 umfasste die ULB 425.000 Bände, dazu 360.000 Dissertationen und Schulschriften, 11.800 handschriftliche Materialien sowie 711 Inkunabeln. Danach wurde das Gebäude am Bispinghof, alle Zettelkästen sowie fast zwei Drittel des Buchbestandes zerstört.
Bei der ersten großen Bestandszählung neun Jahre nach dem Krieg war der Bestand wieder auf 544.776 Bände, dazu etliche Dissertationen, Schulprogramme, 15.837 Autographen und 900 Handschriften angewachsen. Gerettet werden konnten aus dem Vorkriegsbestand 167.537 Bände sowie 5200 Bände aus der Bibliothek Fürstenberg-Stammheim.
1957 wurde erstmals ein Zentralkatalog angelegt, natürlich noch als Zettelkasten. 1960 wurde die Studentenbücherei eröffnet. Sieben Jahre später wurde mit dem Bau der Zentralbibliothek am Krummen Timpen begonnen, die 1973 bezogen werden konnte. 1981 wurden erstmals über eine Million Bände ausgeliehen. 1985 dann die erste Teilausgabe des "Münsterschen Zeitschriftenverzeichnisses" in Mikroficheform herausgegeben – der Einstieg ins elektronische Zeitalter.
Heute umfasst der Bestand der ULB ca. 2,9 Millionen Medien und über 53.000 elektronische Zeitungen und Zeitschriften. Mit bis zu 6.000 Besuchern am Tag ist die ULB nicht nur das das Zentrum für wissenschaftliche Information in der Stadt und Region Münster, sondern auch der Mittelpunkt des studentischen Lebens auf dem Campus. Hunderte Computer stehen den Nutzern in Recherche- und Lesesälen zur Verfügung, das DigiLab, Datenbanken, Open Access und Open Publishing haben das Wesen der Universitäts- und Landesbibliothek revolutioniert. Nur denken müssen die Nutzer*innen nach wie vor selbst ...