4. Der Kopienversand auf Bestellung, § 53 a UrhG:

Mit der Neueinführung der Vorschrift des § 53a UrhG-RegE soll das Urteil des BGH zur Zulässigkeit des Kopienversands durch öffentliche Bibliotheken[13] nachvollzogen werden.[14] Durch die Vorschrift wird es öffentlichen Bibliotheken nun in einer gesonderten Vorschrift ausdrücklich erlaubt, auf Einzelbestellung Vervielfältigungen für ihre Nutzer vorzunehmen und per Post oder Fax an den Nutzer zu übermitteln. Die gesetzliche Erlaubnis ist aber beschränkt auf die Vervielfältigung einzelner in Zeitungen und Zeitschriften erschienener Beiträge und kleiner Teile eines erschienenen Werkes. Außerdem muss die Vervielfältigung für den Nutzer durch die Vorschrift des § 53 UrhG gedeckt sein, also zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch des Nutzers erfolgen.

Ein sonstiger elektronischer Kopienversand ist nur dann zulässig, wenn neben den oben beschriebenen Voraussetzungen die Versendung der Kopie als graphische Datei erfolgt, also in der Form, dass der Nutzer diese Datei nur am Bildschirm lesen oder in Papierform ausdrucken kann. Weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit des Kopienversandes ist, dass kein sonstiges vertragliches Angebot der Rechteinhaber zur elektronischen Nutzung des jeweiligen Beitrages oder sonstigen Werkes existieren darf. Daraus folgt, dass ein elektronischer Kopienversand durch die Bibliotheken in dem Fall unzulässig ist, in dem bereits ein - und sei es ein entgeltliches - Angebot zum elektronischen Abruf des fraglichen Werkes besteht. Bietet also der jeweilige Verlag, z.B. im Rahmen einer elektronischen Zeitschrift, die Möglichkeit zum Abruf des fraglichen Werkes in elektronischer Form an, darf die Bibliothek in Bezug auf dieses Werk nur noch einen Kopienversand per Post oder Fax anbieten. Dies wird mit der Befürchtung begründet, dass die elektronische Primärverwertung durch die Verlage bei einem unbeschränkt möglichen elektronischen Kopienversand gefährdet sein könnte.[15] Für die Bibliotheken führt diese Regelung zunächst zu einem erhöhten Rechercheaufwand, da sie vor der Ermöglichung eines elektronischen Kopienversandes zunächst überprüfen müsste, ob für den jeweiligen Beitrag oder das sonstige Werk an anderer Stelle eine Möglichkeit zum elektronischen Abruf besteht. Findet die Bibliothek heraus, dass seitens eines Verlags ein Angebot zur elektronischen Nutzung der Werke besteht, ist die Versendung als elektronische Kopie unzulässig und es bleibt nur noch die langsame Versendung per Post oder die im Vergleich zum Internet weniger verbreitete Übermittlung per Fax. Ob ein elektronischer Kopienversand unter diesen Bedingungen überhaupt mit einem angemessenen organisatorischen und finanziellen Aufwand von den öffentlichen Bibliotheken angeboten werden kann, bleibt abzuwarten. Ein zusätzliches Problem wird darin bestehen, dass der von den Rechteinhabern angebotene Abruf in elektronischer Form zwar zu angemessenen Konditionen erfolgen soll,[16] diese jedoch in jedem Fall über den Preisen der insofern nicht kostendeckend arbeitenden Bibliotheken für den Kopienversand liegen werden. Insbesondere für Studierende wird die Inanspruchnahme solcher Abrufdienste auch bei den Umständen entsprechenden „angemessenen“ Konditionen zu teuer sein. Auch Ihnen bleibt dann nur der Rückgriff auf den Kopienversand per Post oder Fax.

Für alle Formen der Vervielfältigung und Übermittlung im Rahmen des Kopienversandes auf Bestellung muss die Bibliothek eine angemessene Vergütung an die jeweilige Verwertungsgesellschaft zahlen.

 

Nadine Kalberg, LL.M.
Institut für Informations-, und Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)

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[13] BGHZT 141, 13-40.
[14] Begründung des Regierungsentwurfs aaO., S. 56.
[15] Begründung des Regierungsentwurfs aaO., S. 58.
[16] Begründung des Regierungsentwurfs aaO., S. 58.