„Stanislaw Lem würde niemals ins Weltall fliegen. Dazu ist er der Erde viel zu sehr verbunden. „Ich bin ein sehr irdischer Mensch“, sagt der Science-Fiction-Autor dementsprechend einmal. Auf fremde Planeten schicke er lieber seine literarischen Helden.
Dabei entstehen wissenschaftsbasierte Romane und Kurzgeschichten, die von der oftmals scheiternden Kommunikation des Menschen mit außerirdischen Lebensformen erzählen und in denen es um virtuelle Realität, autonom handelnde Roboter und die Verschmelzung von Mensch und Maschine geht – um Themen also, die heute aktueller sind denn je.
Zwischen den Regimen
Geboren wird Lem wohl am 12. September 1921 als einziges Kind assimilierter jüdischer Eltern im polnischen Lwów (Lemberg) – er selbst wird später allerdings behaupten, dass sein tatsächliches Geburtsdatum aus Aberglauben um einen Tag vorverlegt worden sei.
1939 wird Lems Geburtsstadt im Zuge des Hitler-Stalin-Pakts sowjetisch besetzt. Als Deutschland den Bündnispartner 1941 überfällt, muss Lem sein Medizinstudium unterbrechen. Als Schweißer in der Firma eines deutschen Industriellen entgeht er dem Ghetto. Als die deutsche Regierung 1942 die Vernichtung aller Juden beschließt, versteckt sich Lem mit falschen Papieren in verschiedenen Wohnungen.
Klassiker des Genres
Nach dem Krieg beendet Lem in Krakau sein Medizinstudium und startet in der sozialistischen Volksrepublik Polen seine Karriere als Schriftsteller. 1946 wird sein Roman „Der Mensch vom Mars“ in einer Zeitschrift veröffentlicht, ein Verleger wird auf ihn aufmerksam. Danach geht es Schlag auf Schlag. Ende der 1950er Jahre ist Lem ein international gefeierter Science-Fiction-Autor. Die nächsten 20 Jahre sind die produktivsten seines Lebens. In der Sowjetunion und den beiden deutschen Staaten erscheinen Übersetzungen in hohen Auflagen.
1961 kommt mit dem Roman „Solaris“ über den Kampf einer Forschungsstation gegen einen intelligenten Planeten Lems größter Erfolg heraus. Drei Mal wird das Buch verfilmt. Auch mit „Der Unbesiegbare“ (1964) schreibt der Autor einen Klassiker des Genres.
In 60 Sprachen übersetzt
Im Spätsozialismus schafft es Lem sogar in den Schulkanon. Er lebt in Krakau, ist mit einer Radiologin verheiratet, hat einen Sohn, aber zeitlebens keinen Computer. Auch dem Internet steht er kritisch gegenüber. Seine literarischen Werke tippt er ebenso auf einer Schreibmaschine wie seine philosophisch-futurologischen Traktate und seine Beiträge zu gesellschaftlichen Themen.
Lem stirbt 2006 mit 84 Jahren in Krakau. Seine Werke werden in rund 60 Sprachen übersetzt, seine Bücher mehr als 45 Millionen Mal verkauft.“
(WDR, Claudia Friedrich, Hildegard Schulte)
Sie können die Sendung, die am 12.9.2021 in der Reihe „ZeitZeichen“ lief, über die Seite des WDR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.