WDR ZeitZeichen zu Annette von Droste-Hülshoff
„Die westfälische Adelige Annette von Droste-Hülshoff ist eine Art frühe Feministin. Sie entzieht sich den Vorgaben ihres Standes durch poetische Sprache. Heute zählt sie zu den bedeutendsten deutschen Autorinnen.
Mit ihrem Wissen, ihrem Witz und ihrer Eloquenz gilt Annette Droste-Hülshoff als Männerschreck. „Es ist schade, dass sie etwas Vordringliches und Unangenehmes in ihrem Wesen hat“, schreibt der Märchensammler Wilhelm Grimm 1813 an seinen Bruder Jacob. „Es war nicht gut mit ihr fertig zu werden.“
Die 16-Jährige ist damals dabei, als sich die Künstlerfreunde ihres Onkels August von Haxthausen auf dem Bökerhof treffen, dem Gut ihrer Großeltern. Nette — wie sie genannt wird — schreibt seit ihrem siebten Lebensjahr Gedichte und arbeitet gerade an einem Trauerspiel. Statt sich zurückzuhalten, redet sie mit und bricht damit alle Konventionen.
Wildes Wunderkind
Geboren wird Anna Elisabeth Freiin zu Hülshoff am 10. Januar 1797 auf der Burg Hülshoff. Schon als kleines Mädchen ist sie fantasiebegabt, hypersensibel und wild, dass ihre Mutter fürchtet, die Tochter könne „überschnappen“. Das Wunderkind spielt Klavier, singt, komponiert und liest Cicero im Original.
Ihre Familie ist eines der ältesten Adelsgeschlechter Westfalens — katholisch und konservativ. In der Verwandtschaft wird Annette von Droste-Hülshoff bald zur Außenseiterin, weil sie das Schreiben ernster nimmt, als es sich für Frauen geziemt. Einer der wenigen, die sie auch als Schriftstellerin ernst nimmt, ist der junge Dichter Heinrich Straube. Die beiden verlieben sich.
Unter familiärer Kontrolle
Doch das Paar wird durch eine Intrige auseinandergebracht. Drostes Verwandtschaft passt es nicht, dass Straube bürgerlich und Protestant ist. Die Autorin lässt sich allerdings nicht von ihrem Weg abbringen und schreibt weiter.
Nach dem Tod ihres Vaters wohnt Droste im Rüschhaus, dem Witwensitz ihrer Mutter. Als unverheiratete Frau steht die Dichterin weiterhin unter der Kontrolle der Familie. Sie ist bereits 41, als sie 1838 den ersten Gedichtband veröffentlicht. Die Resonanz ist mäßig. Die folgende Kriminalnovelle „Die Judenbuche“ jedoch wird viel beachtet.
Mit Verspätung berühmt
1844 erscheint die zweite Gedichtsammlung. In diesen Meisterwerken deutscher Lyrik richtet Droste unter anderem einen genauen Blick auf Natur, Tod und Vergänglichkeit. Annette von Droste-Hülshoff selbst leidet zunehmend unter Krankheiten. Sie stirbt am 24. Mai 1848 auf der Meersburg am Bodensee.
Jahre zuvor hat sie geschrieben: „Ich mag und will jetzt nicht berühmt werden, aber nach hundert Jahren möcht ich gelesen werden.“ Das gelingt: Schon Ende des 19. Jahrhunderts wird sie zur bedeutendsten Dichterin Deutschlands erklärt.“ (WDR, Christiane Kopka, Gesa Rünker)
Sie können die Sendung, die am 10.1.2022 in der Reihe „ZeitZeichen“ lief, über die Seite des WDR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.
Bayern2 radioWissen: „Annette von Droste-Hülshoff – Springen möcht ich!“
„Annette von Droste-Hülshoff – ein Adelsfräulein mit Hang zur Dichtkunst. Hieße es wohl, wären da nicht diese Höhenflüge in ihrem Werk, etwa die Ballade „Der Knabe im Moor“ oder die Novelle „Die Judenbuche“.“
(Bayern 2, Carola Zinner)
Sie können die Sendung, die am 21.5.2021 auf Bayern 2 lief, über die Seite des BR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.
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