„Nicht Tolstoi oder Dostojewski, sondern Alexander Puschkin ist der beliebteste russische Nationaldichter. Jeder in Russland wächst mit seinen Werken auf: mit den Märchen, den Versen und Geschichten, die Grundlage vieler bekannter Opern sind.
„Es ist gottlos, einen jungen Mann eingesperrt zu halten. Aus Langeweile schreibe ich oft Gedichte, ziemlich langweilige“, notiert Alexander Sergejewitsch Puschkin während seiner Internatszeit. Die „langweiligen“ Gedichte werden ihn bald schon im ganzen Land bekannt machen.
Geboren wurde Alexander Puschkin 1799 in eine russische Adelsfamilie hinein. Mit zwölf Jahren wird er auf das kaiserliche Internat für künftige Staatsbeamte nach Zarskoje Selo geschickt.
Das Märchen Ruslan und Ludmila
Dort wird schnell entdeckt, dass der Junge mit einem herausragenden dichterischen Talent gesegnet ist. Witzig, kreativ und mit einem klugen Blick auf Staat und Gesellschaft veröffentlicht Alexander Puschkin zu Schulzeiten seine ersten kühnen Verse.
1820 vollendet er das Märchen „Ruslan und Ludmila“. Die Mischung aus Historie, Fiktion und Satire – verfasst mit einfachen Worten, aber stets pointiert zugespitzt – bringt frischen Wind in die russische Literaturszene. Später wird die Geschichte um die entführte Ludmila von Michail Iwanowitsch Glinka in eine Oper umgesetzt.
Liebhaber von Frauen, Wein und Kartenspiel
Nach der Schule erregt der galante junge Mann in St. Petersburg nicht nur als hoffnungsvoller Literat viel Aufmerksamkeit, sondern auch als Liebhaber von Frauen, Wein und Kartenspiel. Sein lockerer, unkonventioneller und freier Lebensstil spiegelt sich in seinen Werken, in denen Puschkin die bisher geltenden Vorgaben für Lyrik hinter sich lässt – formal und inhaltlich.
„Er war bekannt für seine lose Zunge“, sagt Dietmar Stüdemann, Vorsitzender der Deutschen Puschkin-Gesellschaft. Puschkin reimt „manches, was dem Religiösen, Sittlichen nicht entsprach.“ Nicht allen gefallen seine scharfzüngigen Epigramme, in denen er Staat und Gesellschaft den Spiegel vorhält.
Verbannung in die Provinz
„Es gab durchaus Überlegungen, ihn nach Sibirien zu verbannen“, so Stüdemann. Das können Freunde gerade noch verhindern, stattdessen schickt man ihn in die Provinz nach Odessa, später auf den Landsitz Michailowskoje.
Im Mai 1826 bittet er den Zaren persönlich, wieder in Moskau und St. Petersburg leben zu dürfen. Nikolaus I. begnadigt ihn und Puschkin sortiert sein Leben neu. Es entstehen Klassiker wie das Versdrama „Eugen Onegin“, „Die Erzählung Belkins“ und die „Kleinen Tragödien“.
Früher Tod mit 37 Jahren
Der Lebemann, der auf einer angeblichen „Don-Juan-Liste“ mehr als 100 Frauennamen notiert hat, heiratet 1831 die schöne und begehrte Natalja Gontscharowa. Als der elegante französische Offizier Georges d’Anthès ihr offensichtlich den Hof macht, fordert Puschkin ihn zum Duell heraus.
Alexander Puschkin erleidet einen Bauchschuss und stirbt am 10. Februar 1837 mit gerade einmal 37 Jahren. Seinen eigenen Nachruf hatte er bereits als pubertierender Gymnasiast verfasst: „Dies hier ist Puschkins Grab; mit Musen, heiterem Sinn. Mit Lieb und Müßiggang bracht er sein Leben hin. Er tat nichts Gutes – doch verfiel er nie dem Bösen. Und ist, beim Himmel, gut gewesen.““
(WDR, Hildburg Heider, Matti Hesse)
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