„Die Revolte der Pariser Kommune wird von französischen Truppen zerschlagen. Trotzdem gilt der Aufstand als Vorbild für die sozialistischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts.
„Das Knallen der Maschinenwaffen und der Hinrichtungen hallte noch in den anliegenden Straßen wider“, notiert die Schriftstellerin Louise Colet. „Viele Frauen, so unschuldig wie ich, wurden an diesem Tag willkürlich erschossen, nur weil sie verdächtig aussahen.“
Louise Colet ist Augenzeugin, wie am 28. Mai 1871 die Rebellion der sogenannten Pariser Kommune von Regierungstruppen niedergeschlagen wird.
Konservative Zentralregierung herrscht
Die Vorgeschichte: Immer wieder versuchen Franzosen seit der Revolution von 1789, deren soziale und politische Ziele zu verwirklichen – auch 1830 und 1848 mit weiteren Revolutionen. 1871 gibt es zwar nach drei Königen und zwei Kaisern erneut eine Republik, aber sie wird von Royalisten beherrscht, die vom königlichen Versailles aus regieren.
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg wollen konservative Politiker einen Waffenstillstand. Paris ist dagegen. Die Stadt ist monatelang belagert worden und hat gehungert.
Mehrheit für Kommune
Als die Regierungstruppen am 18. März den Parisern ihre selbst finanzierten Kanonen abnehmen wollen, kommt es zum Aufstand. Die Bürgerwehr, die sogenannte Nationalgarde, erschießt zwei Generäle.
Das Zentralkomitee der Garde setzt Stadtratswahlen an. Das Ergebnis: Es gibt etwa 190.000 Anhänger der Kommune und rund 40.000 Gegner. Die Unterstützung kommt aus den Arbeitervierteln.
Regierung greift an
Die Kommune zahlt den Gardisten den Sold, den die Regierung gestrichen hat. Mieten und Schuldzinsen werden storniert. Die Leihanstalt gibt Objekte zurück — oft Kleidungsstücke und Hausrat.
Die Trennung von Kirche und Staat, kostenloser Unterricht und die Anerkennung der freien Ehe werden angeordnet. Doch schon am 2. April, eine Woche nach der Wahl, greift die Regierung an. Sie will keine Demokratie im Stadtrat.
Die „Versaillais“ machen keine Gefangenen
Die 900 Barrikaden der Gardisten werden gestürmt. Die „Versaillais“ machen keine Gefangenen, darum richtet die Kommune Geiseln hin. Etwa 70 Polizisten und Geistliche werden erschossen, darunter der Pariser Erzbischof.
Doch die Gegner der Kommune lassen sich nicht stoppen. Die Opfer der Massaker werden auf 15.000 bis 20.000 geschätzt. Nach 72 Tagen werden 40.000 Menschen inhaftiert, darunter mehr als 1.000 Frauen und 600 Kinder unter 16 Jahren.
Kurz darauf veröffentlicht Karl Marx seine Einschätzung: „Sie war nicht eine Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der herrschenden Klassen an die andere zu übertragen, sondern eine Revolution, um diese abscheuliche Maschine der Klassenherrschaft selbst zu zerbrechen.““ (WDR, Sabine Mann, Gesa Rünker)
Sie können die Sendung, die am 28.5.2021 in der Reihe „ZeitZeichen“ lief, über die Seite des WDR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.