„„Der Rabe und der Fuchs“, „Stadtratte und Landratte“, „Der Löwe und die Maus“: Mit seinen Fabeln gehört Jean de La Fontaine zu den Klassikern der französischen Literatur. Dabei hat er sich bei den Geschichten aus dem universalen Schatz der Völker und Kontinente bedient. Und bei anderen Dichtern, namentlich bei Phaedrus und Äsop.
Rund 250 der moralisierenden Geschichten mit vermenschlichten Tierfiguren werden es am Ende sein. Und wenn auch die Stoffe nicht immer auf La Fontaine zurückgehen, prägt er die Fabeln durch seinen eigenen Stil.
Gefördert vom Finanzminister
Getauft wird La Fontaine am 8. Juli 1621 in Château-Thierry in der Champagne, vermutlich einen Tag nach seiner Geburt. Sein Vater ist Jagd- und Fischereiaufseher: ein Amt, das der Sohn später auf Umwegen übernehmen wird. 1641 geht La Fontaine zunächst nach Paris in ein Priesterseminar, das er wegen seiner Vorliebe für das Weltliche aber nach einem Jahr wieder verlassen muss. Als Jurastudent frönt er den Ausschweifungen des Studentenlebens – und sammelt hier schon Anschauungsmaterial für spätere Gedichte.
1647 verheiratet der Vater La Fontaine mit der 14-jährigen Marie Héricart, die über eine solide Mitgift und eine einflussreiche Verwandtschaft verfügt. Ihr Onkel gehört zum Umfeld des Finanzministers Fouquet, der La Fontaine nicht zuletzt aufgrund eines ihm gewidmeten Gedichts in seinen Hofstaat aufnimmt: Vier Sonette, Madrigale oder Balladen pro Jahr muss La Fontaine fortan liefern. Als Fouquet nach fünf Jahren beim Sonnenkönig Ludwig XIV. in Ungnade fällt, ist das vorbei.
Kein Platz im Lustgärtlein
Da sich La Fontaine für den inzwischen befreundeten Fouquet stark macht, verscherzt auch er es sich mit dem Herrscher. Selbst als er bereits ein berühmter Fabeldichter ist, verweigert ihm Ludwig die Ehre, in seinem Lustgärtchen mit Fabelthemen eine Rolle zu spielen.
1668 veröffentlicht La Fontaine eine erste zweibändige Ausgabe seiner „Fables choisies, mises en vers“, die seinen Ruhm begründen. Vier Jahre später erhält er eine Anstellung als eine Art Luxus-Diener im Salon seiner Mäzenin, der Herzogin von Orléans, in Paris. Er langweilt sich, schreibt schlüpfrige Geschichten über gehörnte Ehemänner und lasterhafte Mönche – und weitere Fabeln.
1683 wird La Fontaine in die Académie française gewählt. Er stirbt, durch eine Krankheit fromm geworden, 1695 mit 73 Jahren in Paris. Da trägt der rastlose Genussmensch von einst bereits ein Büßerhemd und hat sich offenbar selbst kasteit.“ (WDR, Sabine Mann, Hildegard Schulte)
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