„Mit Hilfe von Literatur gesellschaftliche Krisen erkennen und abwenden – dies ist das visionäre Ziel des „Projekts Cassandra“.
„Projekt Cassandra“ startet topsecret, finanziert durch das deutsche Verteidigungsministerium, mit einem ungewöhnlichen Ansatz: Die Untersuchung literarischer Werke soll als Frühwarnsystem dienen, mit dem akute gesellschaftliche Spannungen identifiziert werden können, bevor sie in bewaffnete Auseinandersetzungen oder gar Krieg umschlagen. Die Analyse von Belletristik soll helfen, reale Krisen zu entschärfen.
Von 2017 an konzentriert sich ein kleines Team um den Literaturwissenschaftler Jürgen Wertheimer, der das Projekt ins Leben rief, drei Jahre lang auf den Westbalkan, den Maghreb-Raum sowie Nigeria. Anhand einer selektiven Lektüre bildet es „Emotion Maps“, die veranschaulichen, wie in gewissen Regionen gewalttätige Sprache auf latente Spannungen und Gewaltpotentiale hinweist. Man muss nur genau auf die Texte und ihre (Mehrfach-) Bedeutungen achten, betont Wertheimer.
Das Feature verbindet das Cassandra-Projekt der Literaturwissenschaft als Mittel der deduktiven Weissagung mit dem antiken Mythos. Gibt es eine Möglichkeit, kommendes Unheil zu erkennen und zugleich den Fluch der armen Cassandra, dass ihr niemand Glauben schenkt, zu durchbrechen? Dass Cassandra recht hat, wird immer erst erkannt, wenn es zu spät ist.“
(Deutschlandfunk, Markus Metz & Georg Seeßlen)
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