„Der Roman „Stolz und Vorurteil“ ist einer der populärsten Klassiker der englischen Literatur. Anfang des 19. Jahrhunderts schreibt die Autorin Jane Austen eine Liebesgeschichte — und kombiniert sie mit Sozialkritik.
Elizabeth ist eine der fünf unverheirateten Töchter der Familie Bennet. Ihre Mutter ist stets darauf bedacht, geeignete Heiratskandidaten für ihre Töchter auszuwählen. Doch Elizabeth weigert sich, auf die Vorschläge einzugehen. Die Hauptfigur von Jane Austens Roman „Pride an Prejudice“ („Stolz und Vorurteil“) hat ihren eigenen Kopf und lehnt sich gegen gesellschaftliche Zwänge ihrer Zeit auf.
„Alleinstehende Frauen haben eine schreckliche Neigung, arm zu sein – was ein überzeugendes Argument fürs Heiraten ist“, schreibt Jane Austen 1817 in einem Brief an eine Freundin. Junge Frauen aus dem niederen Landadel erwartet damals existenzielle Not, falls sie es nicht schaffen, einen begüterten Mann zu finden. Berufstätigkeit ist für Frauen aus der Oberschicht damals keine Option.
Aus Antipathie wird Liebe
Im Roman kombiniert Jane Austen ihre Kritik an der Rolle der Frau mit einer — für damalige Verhältnisse — ungewöhnlichen Liebesgeschichte: Die stolze Elizabeth Bennet lehnt zunächst einen Antrag von Mr. Darcy ab. Der Verehrer wiederum pflegt lange seine Vorurteile gegenüber der standesmäßig niedrigeren Familie von Elizabeth.
Erst nach vielen Verwicklungen kommen sich die beiden näher. Sie sind eines der ersten Paare der Weltliteratur, die sich am Anfang nicht ausstehen können und eine Weile brauchen, um die Liebe füreinander zu erkennen. Ein Plot, der danach immer wieder aufgegriffen wird.
Selbstbewusst, witzig, schlagfertig
Ein weiterer Grund für den großen Erfolg ist die Hauptfigur. Während die üblichen Roman-Heldinnen dieser Zeit engelhafte Wesen mit beschränktem Verstand sind, erscheint Elizabeth Bennet als junge Frau mit Ecken und Kanten: selbstbewusst, witzig und schlagfertig.
Jane Austen bringt mit ihrem präzisen Blick auf das Alltägliche nicht nur den Realismus in die englische Literatur. Sie entwickelt auch erzähltechnische Neuerungen wie die erlebte Rede. So schlüpft sie in ihre Hauptfigur hinein und schildert Elizabeths emotionale Innenwelt. Austens Talent, Figuren in Dialogen lebendig werden zu lassen, wird oft mit dem Shakespeares verglichen.
Der erste Anlauf scheitert
Eine erste Version von „Stolz und Vorurteil“ entsteht, als Jane Anfang 20 ist. Ihr Vater bietet das Manuskript einem Verlag an, doch dieser lehnt ab. Die Schriftstellerin lässt sich aber nicht entmutigen. Sie schreibt gleich an ihrem nächsten Roman, während sie ihre älteren Texte immer wieder überarbeitet.
Da Austen – anders als ihre Romanfiguren – unverheiratet bleibt, ist sie auf die Gunst ihrer Verwandten angewiesen. Sie wohnt auf dem Anwesen ihres Bruders Edward und kümmert sich um ihre Neffen und Nichten. Trotzdem schafft sie es, die bereits vorliegenden Werke in eine endgültige Form zu bringen.
Auch der Prinzregent wird Fan
1811 kommt „Verstand und Gefühl“ heraus, unter der Autorinnenangabe „By a Lady“. Austens erster Roman verkauft sich so gut, dass ihr zweiter – „Stolz und Vorurteil“ – am 28. Januar 1813 mit dem Vermerk erscheint: „Von der Autorin von ‚Verstand und Gefühl‘ “. Das Buch wird kein Bestseller, aber schon im Sommer ist die erste Auflage von 1.500 Exemplaren vergriffen.
Nachdem ihr Bruder Henry ihre Autorinnenschaft ausgeplaudert hat, bekommt Austen viele Briefe von Bewunderern. Dazu gehört auch der Prinzregent, den sie allerdings nicht ausstehen kann. Jane Austin stirbt am 17. Juli 1817 mit 41 Jahren, vermutlich an einer Nebennieren-Insuffizienz. Den Welterfolg von „Stolz und Vorurteil“ erlebt sie nicht mehr. Heute gibt es Filme, Serien, Hörspiele, Musicals und sogar Nacherzählungen mit Meerschweinchen und Zombies.“
(WDR, Christiane Kopka, Gesa Rünker)
Sie können die Sendung, die am 28.1.2023 in der Reihe „ZeitZeichen“ lief, über die Seite des WDR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.