3. April 1558 – Die Ex-Sklavin und „Sultana“ Roxelane stirbt in Istanbul
Von der Sklavin zur mächtigsten Frau im Osmanischen Reich: Roxelane wird die Lieblingsfrau von Sultan Süleyman. Der Herrscher heiratet sie und lässt ihr freie Hand.
Ihre Herkunft ist ungeklärt. Roxelane stammt vermutlich aus der heutigen Ukraine — aus jener Region, die um 1500 Ruthenien genannt wird. Sie soll angeblich die Tochter eines orthodoxen Priesters sein und eigentlich Aleksandra Lisowska heißen. Diese Angaben werden jedenfalls im 17. Jahrhundert von einem polnischen Gesandten genannt, der sich wiederum auf osmanische Zeitzeugen beruft.
Demnach wird Roxelane möglicherweise von tatarischen Sklavenjägern entführt und nach Istanbul gebracht. Die etwa 15-Jährige landet im Alten Serail, dem Harem von Sultan Süleyman dem Prächtigen. Rund 300 Frauen leben in dieser abgeschlossenen Welt. Fast alle sind Sklavinnen – geraubt im Kaukasus, in Albanien oder Griechenland.Sultanmutter führt Harem
Die meisten der Frauen bekommen den Sultan nie zu Gesicht. Nur wenige Auserwählte teilen mit ihm das Lager. Um auf den Kontakt mit dem Herrscher vorbereitet zu sein, lernen die Mädchen Lesen, Schreiben, Rechnen, Musizieren und die Kunst des eleganten Schreibens.
Doch der Harem ist nicht nur eine Ausbildungsstätte, sondern auch ein Machtfaktor. An seiner Spitze steht die Mutter des Sultans. Es gelten komplizierte Regeln, an die auch der Sultan gebunden ist. Für gewöhnlich hat er mehrere Favoritinnen, die seine Mutter für ihn aussucht. Sobald die Frauen einen Sohn gebären, steigt ihr Ansehen. Doch als Geliebte haben sie ausgedient.Hürrem bedeutet die Freudvolle
Ein Sohn pro Konkubine – so lautet Grundsatz. Damit soll verhindert werden, dass die Frauen zu viel Einfluss bekommen und ihre Söhne später gegeneinander kämpfen. Denn bei den Osmanen gibt es kein Vorrecht des Erstgeborenen. Bevor Roxelane dem Herrscher auffällt, hält sich Süleyman an die Konvention: Bei seiner Machtübernahme hat er bereits drei Söhne von drei verschiedenen Frauen.
Auf Roxelane wird der Herrscher schon vor oder kurz nach seinem Machtantritt aufmerksam. Wegen ihrer überschäumenden Fröhlichkeit erhält sie den Namen Hürrem – die Freudvolle. Der manchmal melancholische Süleyman ist von dieser munteren und intelligenten Gefährtin entzückt. Er schickt Hürrem nicht in die Provinz, als sie 1521 einen Sohn bekommt. Der Herrscher hat mit ihr vier weitere Söhne und eine Tochter.Ex-Sklavin wird Ehefrau und Beraterin
Hürrem zieht in den Topkapi-Palast in Istanbul ein. Sie bringt Süleyman auch dazu, sie freizulassen. 1534 – wahrscheinlich kurz nach dem Tod seiner Mutter – heiratet er sie. Die bemerkenswerten Veränderungen der osmanischen Tradition löst bei seinen Untertanen Empörung und bei westlichen Beobachtern Erstaunen aus.
Hürrem wird zu einer wichtigen Beraterin Süleymans. Sie ist sogar diplomatisch aktiv. Ihr oberstes Ziel ist es, die Position der gemeinsamen Kinder abzusichern. Am Hof gibt es bald zwei Parteien: Hürrem (Roxelane) auf der einen und dem Großwesir Ibrahim Pascha auf der anderen Seite. Ibrahim ist ein Jugendfreund des Sultans und verbündet mit der ersten Favoritin Mahidevran und deren Sohn Mustafa.Der Hexerei verdächtigt
Als der Großwesir und Prinz Mustafa umgebracht werden, ist für die aufgebrachte Bevölkerung klar, dass nur Roxelane hinter den Taten stecken kann. Der Herrscher müsse durch ihre Hexerei und ihre Aphrodisiaka manipuliert worden sein. Eine durch die Geschichte immer wieder wirksame Verschwörungserzählung über mächtige Frauen. Doch Sultan Süleyman schert sich nicht zum Gerüchte: 38 Jahre lang hält er Roxelane die Treue.
Wie groß ihre Macht ist, lässt sich an ihren Stiftungen ablesen. Bei den Gebäudekomplexen, die sie in Mekka, Medina, Jerusalem und im Zentrum von Istanbul erbauen lässt, sind häufig eine Moschee, eine Schule und eine Armenküche dabei. Roxelane stirbt im April 1558 in Istanbul. Sie erlebt nicht mehr mit, wie sich zwei ihrer Söhne einen blutigen Kampf um die Nachfolge liefern. Der Sultan begräbt seine große Liebe im Garten der Süleymaniye-Moschee.“
(WDR, Christiane Kopka, Redaktion: David Rother)
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