„„J’accuse…!“ („Ich klage an…!“) Diese Schlagzeile leitet den wohl schlagkräftigsten Zeitungsartikel aller Zeiten ein. Der Schriftsteller Emile Zola wendet sich damit in der Dreyfus-Affäre gegen den französischen Staatspräsidenten.
1894 gehen in Frankreich Antisemitismus, Rechtsbeugung und Nationalismus eine gefährliche Mischung ein: Der jüdische Artillerie-Hauptmann Alfred Dreyfus wird wegen angeblicher Spionage für die Deutschen verurteilt – zu Unrecht. Vier Jahre später wird der wirkliche Spion, Major Esterhazy, trotz erdrückender Beweise innerhalb von wenigen Minuten freigesprochen.
Das ist zu viel für die Anhänger des Hauptmanns Dreyfus, unter ihnen der bekannte Schriftsteller Emile Zola.
Zola veröffentlicht am 13. Januar 1898 unter dem Titel „J’accuse…!“ („Ich klage an…!“) in der Tageszeitung „L’Aurore“ einen offenen Brief an den Präsidenten der Französischen Republik, Félix Faure, in dem es um die Verurteilung Dreyfus‘ geht.
Emile Zola klagt an – und wird verklagt
Zola wirft darin Richtern und hochrangigen Militärs vor, aus purem Antisemitismus Beweise gefälscht und ein Fehlurteil gefällt zu haben, um Dreyfus durch lebenslange Haft auf der Teufelsinsel vor der Küste von Französisch-Guayana in Südamerika aus dem Verkehr zu ziehen. Eine Verleumdungsklage ist die Folge — durchaus gewollt. Denn so will er die Revision des Prozesses gegen Alfred Dreyfus erzwingen. 1898 wird Zola verurteilt und flieht für ein Jahr nach London. Obwohl er in seinem Brief nachweislich die Wahrheit schreibt, wird er für viele Franzosen zum Nestbeschmutzer.
Zola stirbt an Rauchvergiftung
In der Folge sieht sich Zola rechtsradikalen Anfeindungen ausgesetzt. Einmal wird seine Kutsche fast in die Seine gestürzt, ein andermal findet er in seiner Wohnung eine Bombe. Zola stirbt 1902 in Paris an einer Rauchvergiftung. Ursache ist ein verstopfter Kamin, den der antisemitische Schornsteinfeger Henri Buronfosse wohl vorsätzlich präpariert hat.
Um eine zweite Dreyfus-Affäre zu vermeiden, wird der Tod als Unfall deklariert. Noch am Tag der Beisetzung rufen 200 rechtsextreme Demonstranten auf dem Friedhof „Zola, Du Schwein, verrecke!“.“
(WDR, Sabine Mann, Matti Hesse)
Sie können die Sendung, die am 13.1.2023 in der Reihe „ZeitZeichen“ lief, über die Seite des WDR nachhören oder als Audiodatei herunterladen.