Nach zwei Weltkriegen ist das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland tief zerrüttet. 1945 streben Politiker beider Länder einen Neuanfang an. Nach zwölf Jahren Nazi-Diktatur steht die Umerziehung der Deutschen zur Demokratie ganz oben auf der Tagesordnung der alliierten Siegermächte.
Die französische Besatzungsmacht setzt dabei auch auf direkten Kontakt. Franzosen und Deutsche sollen sich kennenlernen und Beziehungen zueinander aufbauen. Das erhöhe die Chance auf Versöhnung und ein friedliches Miteinander – so die Hoffnung.De Gaulle: „Engere Bande knüpfen„
Dabei steht vor allem der Kontakt von Jugendlichen untereinander im Fokus. Bereits Ende der 1940er-Jahre finden die ersten Jugendbegegnungen zwischen den beiden Ländern statt. 1950 folgt die erste deutsch-französische Städtepartnerschaft zwischen Ludwigsburg und Montbéliard, der sich viele weitere anschließen.
Bei seinem ersten Staatsbesuch in der Bundesrepublik spricht der französische Staatspräsident Charles de Gaulle im September 1962 direkt zur deutschen Jugend. In seiner auf Deutsch gehaltenen Rede im Ludwigsburger Schloss sagt er: „Während unsere beiden Staaten die wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit fördern werden, solle es Ihnen und der französischen Jugend obliegen, alle Kreise bei Ihnen und bei uns dazu bestreben, engere Banden zu knüpfen […] und sich besser kennenzulernen.“Gemeinsame Finanzierung
Im Januar 1963 unterzeichnen de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer im Pariser Élysée-Palast den „Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit“. Im sogenannten Élysée-Vertrag werden regelmäßige Treffen von Regierungsvertretern verabredet, aber auch Bemühungen im Erziehungswesen: „Es wird ein Austausch- und Förderungswerk der beiden Länder errichtet, an dessen Spitze ein unabhängiges Kuratorium steht. Diesem Werk wird ein deutsch-französischer Gemeinschaftsfonds zur Verfügung gestellt, der der Begegnung und dem Austausch von Schülern, Studenten, jungen Handwerkern und jungen Arbeitern zwischen beiden Ländern dient.“Sitze in Paris, Berlin und Saarbrücken
Auf dieser Grundlage treffen sich de Gaulle und Adenauer am 5. Juli 1963 im Bonner Palais Schaumburg, dem damaligen Sitz des Bundeskanzlers. Dort unterzeichnen sie das Abkommen über die Errichtung des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW), oder, auf französisch „Office franco-allemand pour la Jeunesse“.
Seither haben fast 9,5 Millionen jungen Menschen an Austauschprogrammen teilgenommen. Der DFJW-Jahreshaushalt beläuft sich derzeit auf gut 30 Millionen Euro. Der Hauptsitz war lang in Rhöndorf bei Bonn. Jetzt ist er in Paris, mit Nebensitz in Berlin und Außenstelle in Saarbrücken für den Freiwilligendienst. Alle Posten sind doppelt und im Wechsel binational besetzt.(WDR, Christoph Vormweg, David Rother)
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